Projekt „A gmähts Wiesle“
Rund 5.000 Tier- und Pflanzenarten gibt es in den Herrenberger Streuobstwiesen – diese wertvolle Kulturlandschaft soll auch in der Zukunft erhalten bleiben
Am 6. Juni fand am Schönbuchhang bei Mönchberg eine Wiesenbegehung statt. Es ging um Möglichkeiten zur Pflege der Wiesen und darum, wie diese zukunftsfähig gestaltet werden kann. Der Rundgang war Teil des Projekts „A gmähts Wiesle“. Kernpunkt dabei ist es, „Stücklesbesitzer“ mit Bewirtschaftern zusammen zu bringen. Der Landschaftserhaltungsverband Landkreis Böblingen (LEV) hilft bei dieser Vermittlung.
Die baden-württembergischen Blumen- und Obstwiesen sind europaweit einzigartig und der westliche Schönbuchhang zwischen Tübingen und Herrenberg besonders wertvoll. Hier stehen die meisten Grundstücke unter dem europäischen Schutz der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH). Über die Jahrhunderte ist hier eine der artenreichsten Kulturlandschaften entstanden. Rund 5.000 Tier- und Pflanzenarten gibt es in den Herrenberger Streuobstwiesen.
Streuobstwiesen bildeten früher eine wichtige Basis zur Futtergewinnung für das Vieh. Heute fehlt oft die Nutzungsmöglichkeit für das Mähgut. Zudem sind die steilen Hänge bei Mönchberg mit modernen, landwirtschaftlichen Maschinen nicht zu bewirtschaften. Bleibt das Mähgut aber liegen, oder wird zu viel gemulcht oder gar nicht mehr bewirtschaftet, dann hat das negative Auswirkungen auf die Artenvielfalt. Dabei sind diese Wiesen wichtige Lebensräume für eine riesige Zahl an Tier- und Pflanzenarten. Zwei Beispiele sind Bechsteinfledermaus oder der Wendehals. Diese seltenen Tiere leben in den Höhlen alter Obstbäume und ernähren sich von den Insekten, die sich auf den blumenbunten Wiesen tummeln. In den sogenannten FFH-Mähwiesen finden sich bis zu 50 Blumen- und Gräserarten. Es braucht also eine dauerhafte und angepasste Nutzung des Grünlands unter den Obstbäumen.
„Blumenwiesen und Streuobstbäume bilden zusammen einen wichtigen Lebensraum“, erklärt Florian Gall vom LEV. „Damit das Gesamtkonzept funktioniert, braucht es ausreichende Baumabstände und Stammhöhen, aber auch einen entsprechenden Unterwuchs. Vor allem eine traditionelle Heu- und Öhmdwirtschaft oder eine extensive Beweidung sind ideale Voraussetzungen für blumenbunte Wiesen.“ Das Projekt „A g’mähts Wiesle“ läuft am Schönbuchhang von Hildrizhausen bis Herrenberg-Kayh und hat die Kooperationen zwischen Wiesenbesitzern und der Landwirtschaft im Visier. Damit sich die, denen die Mahd zur Last fällt, mit denen vernetzen, die das Mähgut gebrauchen könnten; und ggf. durch privatrechtliche Absprachen die Mahd wieder in landwirtschaftliche Produktionsabläufe integriert werden kann. Der LEV habe mittlerweile zahlreiche Akteure aus der Region an der Hand, welche fähig und willens seien, die steilen Obstwiesen naturschutzfachlich korrekt zu bewirtschaften, so Gall. Diese Landwirte oder auch Tierhalter (zur Beweidung der Flächen) wolle man an die Eigentümer vermitteln.
Moritz Maisch und Benjamin Kegreiß, Grünland GbR aus Herrenberg-Kayh, mähen am Schönbuchhang schon jetzt rund 10 Hektar Obstwiesen. „Das hochwertige Heu können wir verkaufen, aber der Aufwand lohnt sich nur mit landwirtschaftlichen Ausgleichsförderungen“, so Moritz Maisch. Weitere Flächen könnten dazu kommen. „Für die steilen Hänge mit bis zu 60 % Steigung benutzen wir einen Motormäher und rechen und schwaden viel von Hand“. Bei sehr schlecht zugänglichen Flächen ist eine Beweidung oft die einzige Option. Am Schönbuchhang bei Herrenberg, Gültstein, Mönchberg und Kayh wurden schon etliche zugewucherte Stückle mit Hilfe der Schäferei Lemke aus Altingen zu Blumenwiesen zurückverwandelt. Die Absprache zwischen Schäfer und Eigentümer ist wichtig, insbesondere müssen junge Obstbäume mit einem sicheren Verbissschutz ausgestattet werden, so Florian Gall. Die Schäferei Lemke freue sich sehr über weitere Pachtgrundstücke.
Ralf Wegerer von der kreisübergreifenden Koordinierungsstelle Natura 2000 Schönbuch unterstreicht die Notwendigkeit des Ganzen. „Die artenreichen FFH-Mähwiesen am Schönbuchrand zu erhalten, ist nicht nur aus EU-Vertrags-Gründen unsere Pflicht, sondern wir selbst wollen unsere Kulturlandschaft erhalten. Es ist ein Mitmachprojekt, bei dem alle Stücklesbesitzer teilnehmen können. Wir sind ein großes Team.“ Das Projekt „A gmähts Wiesle“ ist eine Kooperation des Landschaftserhaltungsverband Landkreis Böblingen und der kreisübergreifenden Koordinierungsstelle Natura 2000 Schönbuch, den zuständigen Fachverwaltungen und den Akteuren vor Ort. Das Projekt läuft auch im Landkreis Tübingen, insbesondere an den Schönbuchhängen in Ammerbuch.