Termin abgesagt: Neue Elektro-Züge der Schönbuchbahn sollen erst zum Fahrplanwechsel im Dezember 2024 fahren

Landrat wütend: „Keine weiteren Hiobsbotschaft mehr.“

Symbolbild Schiene

Im Fachausschuss des Kreistags für Verkehrsthemen haben in der Sitzung am Montag (29. April) Landrat Roland Bernhard und Projektleiter Gerhard Ferstl vom spanischen Zughersteller CAF über den aktuellen Stand der Zulassung für die neuen Elektrozüge informiert, die der Zweckverband Schönbuchbahn (ZVS) bestellt hat.

Es war das siebte Spitzengespräch, das Landrat Roland Bernhard mit dem Bereichsleiter Koen De Clercq des spanischen Zughersteller CAF geführt hat. Beim sechsten Gespräch hatte die Firma noch versprochen, die Zulassung für das bestellte Zugmodell Nexio im zweiten Quartal zu erhalten, damit die Inbetriebnahme am 9. Juni erfolgen kann. Nun kam nach intensiven Absprachen letzte Woche die die Hiobsbotschaft aus Spanien: Die Zulassung ist nicht rechtzeitig zu schaffen, es braucht einen neuen Termin für die Betriebsaufnahme auf der Schönbuchbahn. Der neue Termin wird nunmehr auf den Jahresfahrplanwechsel am 15. Dezember 2024 gelegt.

„Der Zulassungsprozess verläuft ganz unglücklich für dieses neue Modell“, stellt Landrat Bernhard wütend fest. „wir waren bis jetzt voller Hoffnung, die erneute Terminverschiebung ist eine riesige Enttäuschung.“ Nach immer wiederkehrenden Verzögerungen war man bei CAF Ende 2023 zuversichtlich, die Fahrzeuge im Juni 2024 in Betrieb nehmen zu können. Die Inbetriebnahme verzögert sich also um sechs Monate. „Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Die alten Dieselfahrzeuge und die vorübergehend angemieteten Elektrozüge sind verschlissen, der Aufwand für Wartung und ständige Reparaturen ist enorm. Die Vorfreude auf die neuen Fahrzeuge überwiegt deshalb noch immer. Aber jetzt muss der Termin endgültig sein.“

Dr. Walter Gerstner, Geschäftsführer des Zweckverbands, erläutert: „Wir haben als Auftraggeber die Firma CAF in enger Manndeckung geführt und alles Erforderliche veranlasst, damit die Zulassung gelingt. Wir haben frühzeitig die Multiplikatorenschulung und Triebfahrzeugführerausbildung begonnen sowie die technische Abnahme vorgezogen, damit der Juni-Termin zu halten gewesen wäre. Wir haben auch einen präzisen Masterplan für alle operativen Abläufe mit CAF und dem Betreiber WEG abgestimmt. Gleichwohl sind die Gründe durchaus plausibel, die CAF ins Feld führt und auch der neue Zeitplan ist stichhaltig. Es darf jetzt auf der Zielgeraden nichts mehr schiefgehen.“

Für die Terminverlegung gibt CAF im Wesentlichen zwei Gründe an. Mit der am Anfang des Jahres gestarteten, intensiven Test- und Erprobungsphase der neuen Elektrozüge für die Schönbuchbahn ist CAF gut vorangekommen und das gilt ebenso für die im März gestarteten und parallellaufenden technischen Abnahmen der ersten Fahrzeuge. Allerdings werden die aus beiden Verfahren gewonnenen Erkenntnisse in der technischen Umsetzung an der Fahrzeugflotte und in der Nachweisführung mehr Zeit in Anspruch nehmen, als ursprünglich geplant.

Zum zweiten erfolgt die Verschiebung, um die besonderen Anforderungen des Zulassungsverfahrens in jeder Hinsicht erfüllen zu können. Denn das Zulassungsverfahren ist nicht nur sehr komplex, sondern weicht mit seinen erforderlichen Nachweisführungen auch vom normalen Standardverfahren ab, weil der moderne Elektrotriebzug BR 455 NEXIO mit seiner innovativen Konfiguration nicht in allen Belangen mit einem Regelfahrzeug vergleichbar ist. Somit weichen auch die einzelnen Zulassungsschritte vom standardisierten Verfahren ab und benötigen deutlich mehr Zeit als zum Jahresanfang angenommen.

Mit diesen wichtigen Erkenntnissen haben nun ZVS und CAF einen erneuerten, robusten Zeitplan definiert, um die Betriebsaufnahme für den Fahrgastbetrieb optimal vorzubereiten. Mit dem neuen Planungsansatz und der guten Zusammenarbeit mit den im Zulassungsverfahren beteiligten Behörden, sind ZVS und CAF sicher am 15. Dezember 2024 in den Fahrgastbetrieb starten zu können.

Laut Roland Bernhard werde der Zweckverband ein genaues Auge darauf haben, dass die Züge bei Übergabe in technisch einwandfreiem Zustand sind. Aufgrund der Verschiebung werde man auch die Ausbildung der Triebfahrzeugführer unterbrechen und im Sommer wieder aufnehmen.

Einig waren sich beide, dass die Priorität auf einer zügigen Zulassung liege. Über die Konsequenzen aus der Verzögerung werde man sich erst danach auseinandersetzen.

Verzögerungen von mehreren Jahren sind bei Eisenbahnprojekten nicht ungewöhnlich. Der Start der S-Bahn-Linie S60 auf der Strecke der Rankbachbahn zwischen Böblingen und Renningen verzögerte sich um sechs Jahre. Bei der Hermann-Hesse-Bahn ist man neun Jahre in Verzug für die Reaktivierung der Schwarzwaldbahn zwischen Calw und Weil der Stadt.

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