Angedachte Konzentration von Geburtshilfe und Gynäkologie

Klinikverbund und Landräte zur gutachterlichen Stellungnahme im Prozess zur Medizinkonzeption 2030

Neugeborenes Kind

Die Hebammen Landkreise Böblingen und Calw hatten sich in einem gemeinsamen Schreiben an die Landräte der Trägerlandkreise des Klinikverbund Südwest (KVSW), Böblingen und Calw, sowie an die Geschäftsführung des KVSW gewandt. Nun gibt es auf diesen „Brandbrief“ eine gemeinsame Reaktion. Sowohl die Landräte Roland Bernhard und Helmut Riegger als auch KVSW-Geschäftsführer Schmidtke danken den Hebammen, dass sie sich einbringen und ihre Bedenken und Argumentationen darlegen. Man könne nachvollziehen, dass das Gutachten Beunruhigung auslöse. Fachkräftemangel, Ambulantisierung und steigende Qualitäts- und Strukturvorgaben zwingen jedoch zum Handeln und man werbe um Verständnis, dass ein „Weiter so“ nicht möglich ist. Oberstes Ziel sei es, die kommunale Trägerschaft langfristig zu sichern; und das gelinge nur, wenn man jetzt handle.

„Wir haben Verständnis, dass nicht Jeder das Gutachten in vollem Umfang liest und sich bis ins Detail damit befasst. Aber es ist wichtig, die Argumentation zu kennen, um zu verstehen, warum es Empfehlung der Gutachter ist, beim Thema Geburtshilfe und Gynäkologie von bisher 4 Standorten auf später 2 Schwerpunktversorger zu konzentrieren“, so der Tenor seitens KVSW und seiner Trägerlandkreise.

Speziell was die Gynäkologie und Geburtshilfe im Klinikverbund Südwest anbelangt, kämpft man mit vielen Problemstellungen: An den kleineren geburtshilflichen Standorten Herrenberg, Leonberg und Calw werden schon heute weniger Geburten versorgt als auf Basis des Einzugsgebiets zu erwarten wäre. Die Standorte Leonberg und Calw gehören mit 668 und 500 Geburten in 2022 zu den kleinsten Geburtshilfen im Wettbewerbsumfeld. Der Standort Herrenberg hat zwar eine höhere Fallzahl, weist dafür Schwierigkeiten in den für die Geburtshilfe notwendigen angrenzenden Leistungen auf und gehört auch mit 1.212 Geburten in 2022 zum unteren Drittel im Wettbewerbsvergleich. 2022 gingen die Fallzahlen an allen Standorten im Vergleich zu den Jahren davor zurück, was sich nach den aktuellen Bevölkerungsprognosen zukünftig fortsetzen wird. Speziell für Leonberg und Calw wird allein das zur Herausforderung, weil man langfristig Mindestmengen und Qualitätsvorgaben nicht mehr einhalten können wird. Die Konsequenz wäre, dass die Leistungen nicht mehr angeboten werden darf und die Versorgung gänzlich eingestellt werden müsste. Dann hätte man im Verbund keine Chance mehr, selbst zu gestalten und die Versorgung anders zu organisieren; dem will man mit der Neuaufstellung jetzt lt. gutachterlicher Empfehlung zuvorkommen.

Die Medizinkonzeption des Verbunds sieht vor, die Gynäkologie und Geburtshilfe zukünftig auf zwei Schwerpunktversorger an den Standorten Nagold und in Böblingen bzw. im Flugfeldklinikum zu konzentrieren. Die Fachabteilung am Standort Leonberg soll dabei perspektivisch nach Böblingen verlagert werden, die beiden Fachabteilungen aus Calw und Herrenberg in Nagold zusammengeführt werden. Diese verbundweite Konzentration stellt die Versorgung auf eine zukunftssichere Basis, um den drohenden Wegfall der Leistungen zu verhindern. Dabei wird immer das gesamte Einzugsgebiet des KVSW betrachtet. Das Gutachten kommt zum Schluss, dass im Landkreis Calw eine Geburtshilfe mittel- bis langfristig überhaupt nur erhalten werden kann, wenn dies, wie geschildert, umgesetzt wird.

Die Verlagerung der Fachabteilung Gynäkologie und Geburtshilfe aus Herrenberg nach Nagold ist noch aus anderen Gründen im Sinne der Versorgungssicherheit sinnvoll und notwendig: Für den Betrieb einer klinischen Geburtshilfe sind angrenzende Dienstlinien gesetzlich vorzuhalten (z.B. Anästhesie, OP, Präsenzlabor etc.). Diese können am Standort Herrenberg nicht durch weitere Fachgebiete ausgelastet werden.

Hinzu kommt, dass schon heute die personelle Aufstellung in der Geburtshilfe und Gynäkologie an allen Standorten, sowohl im ärztlichen Dienst als auch bei den Hebammen, extrem schwierig zu sichern ist. Aktuell gelingt das nur durch einen hohen Einsatz von Leasingkräften und gegenseitiger Unterstützung der verschiedenen Standorte. Die größte Herausforderung besteht schon jetzt darin, neues Fachpersonal an vier gynäkologischen und geburtshilflichen Standorten zu akquirieren. Mit einer Konzentration von bisher 4 Standorten für Gynäkologie und Geburtshilfe auf dann 2 Schwerpunktstandorte können Fachkräfte gebündelt und damit die Versorgungssicherheit langfristig und stabil erhalten werden. Das Gutachten hat auch simuliert, dass die Versorgung auch mit einer Konzentration der Geburtshilfen für das ganze Einzugsgebiet des KVSW weiterhin gesichert ist. Aktuell stehen insgesamt 160 Betten für Gynäkologie und Geburtshilfe zur Verfügung, die aber schon heute aufgrund des Fachkräftemangels nicht ständig betrieben werden können. In der weiteren Ausarbeitung des Konzepts wird auch eine konkrete Bedarfsanalyse erfolgen.

Der Bereich der Geburtshilfe kann auch nicht unabhängig von der Gynäkologie mit ihrem operativen Spektrum betrachtet werden. Im Gebiet der Gynäkologie geht die medizinische Entwicklung immer mehr zur interdisziplinären Zusammenarbeit mit angrenzenden Fachgebieten, was ebenfalls für eine Konzentration spricht. Indem man am Standort Nagold, neben der Schwerpunktversorgung in Böblingen, eine zweite potente Fachabteilung mit einem deutlich größeren Leistungsvolumen aufbaut, sichert man langfristig, sowohl für die Geburtshilfe als auch für Patientinnen in gynäkologischer Behandlung, die hohe Versorgungsqualität.

„Es ist selbstverständlich unser gemeinsames Ziel, auch künftig die erfolgreichen Zertifizierungen als babyfreundliches und stillfreundliches Krankenhaus und die intensiven Betreuungskonzepte der Hebammengeführten Kreißsäle weiter zu betreiben. Wir unterstützen auch die Bestrebungen des Landes, diese Konzepte auszubauen, doch dafür müssen wir uns zunächst mit der Daseinssicherung des Klinikverbundes auseinandersetzen“, betonen Bernhard, Riegger und Schmidtke.

Man habe ein gemeinsames Ziel, nämlich die hochwertige medizinische Versorgung des Klinikverbundes Südwest in kommunaler Trägerschaft sicherzustellen und zu erhalten. Konkret in Sachen Geburtshilfe war man bereits im Gespräch mit Vertreterinnen des Bundeshebammenverbandes; weitere Gespräche auch mit Beteiligung des baden-württembergischen Landesverbandes sind in Planung. Auch mit den Hebammen aus den Landkreisen Böblingen und Calw wird es noch einen Austausch am Runden Tisch geben.

(Erstellt am 04. September 2023)

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